
# Wellenbrecher: So wurden urspr. Küstenbauten zum Schutz von Häfen und Küsten bezeichnet, die die Energie des Wassers durch dessen Zerstreuung umwandeln und dessen Energie deutlich herabsetzen. Mittlerweile wird der Begriff auch im Schiffbau, in der Architektur oder in anderen Bereichen verwendet. 2021 wurde "Wellenbrecher" von der Gesellschaft für deutsche Sprache zum Wort des Jahres gekürt. In der Bekämpfung der Corona-Pandemie bezeichnet es all jene Massnahmen, die getroffen wurden und werden, um die vierte Corona-Welle zu brechen; aber auch Personen werden damit benannt, die sich an die vorgeschlagenen Bekämpfungsmassnahmen der Pandemie halten. Mittlerweile spricht man hinsichtlich der Omikron-Variante, der fünften Welle, nicht mehr von einer Welle, sondern einer Wellenwand. Für das ohnehin schon martialische Bild vom Wellenbrecher hat die TAZ treffende Worte gefunden: "Nicht harter Beton, sondern flüchtiger Sand ist der beste Wellenbrecher – was zum Coronakomplex gut passt: Nur die Summe vieler teilweise winzig kleiner individueller Einzelmaßnahmen von Kontaktvermeidungen über Impfentschlüsse bis hin zur Maskendisziplin – jedes für sich nur ein Sandkörnchen – kann die Welle brechen."
So steht hinter dem Bild vom Wellenbrecher die Macht der unbezähmbaren Naturgewalten, sei es jene des Wassers oder die als „unkontrollierbar“ gedachte, weil so erfahrene Pandemie. Überhaupt bedienen sich die Medien recht freizügig im Begriffsbereich Wasser, wenn es gilt, Phänomene der Pandemie zu beschreiben, man denke etwa an die Durchnummerierung der Wellen erhöhter Ansteckungsgefahr. Pandemiewelle nach Pandemiewelle geraten wir tiefer in das menschenbedrohenden Schlamassel, die sich zu Pandemiewänden steigern. Es ist aber nicht bloss die symbolische Gefahr entfesselter Wasserkräfte, auf die hier angespielt wird, sondern auch die reale Gefahr des Elements, das durch Starkregen, Überflutungen und Mangel die gegenwärtige Klimakatastrophe prägt. Auch hier hat sich in Deutschland eine Wortneuschöpfung durchgesetzt, die sich aus Solidarität und dem von der Überflutungen des Jahres 2021 betroffenen Ahrtal zusammensetzt: Solidahrität. Wir kennen die Bilder: Vor Ort nimmt Frau Merkel eine Frau tröstend bei der Hand, der Bundespräsident spricht tief betroffen Beileidsworte und Herr Laschet feixt belustigt mit seinem Stab. Doch bleiben wir noch ein wenig beim Wasser.
Es ist schon eigenartig, in welcher Ambivalenz der Begriff des Wassers in Zeiten der Klimakrise steht. Eines der interessanten aktuellen Beispiele dieser Hassliebe des Menschen zu dem nicht beherrschbaren Naturelement Wasser, ist wohl die südkoreanische Netflix-Serie The Silent Sea (2021). Dort wird folgende Geschichte erzählt: Während auf der Erde aufgrund langwährender Dürreperioden Wasser zu einem äusserst knappen und streng rationierten Überlebensmittel wird, geht von dem auf dem Mond vorgefundenen „Mondwasser“ eine virale Gefahr sondergleichen aus: es vermehrt sich unter bestimmten Umständen explosionsartig und gewinnt so apokalyptische Dimensionen. In diesem Widerspruch agiert das von der Erde entsandte Einsatzkommando, welches Proben dieser kostbaren und gefährlichen Ressource auf die Erde bringen soll. In kargen Bildern unwirtlicher Mondlandschaft erwächst ein Epos von Kraft und Gefährlichkeit des Wassers. Dieses entspricht durchaus den real existierenden Bildern von Pandemie, Knappheit und Bedrohung. Überflutungen, Trockenheit und Dürre sowie der brutale und gewissenlose Kampf um die Herrschaft über die Ressource Wasser bestimmen schon jetzt die reale Welt. Am Ende der ersten Staffel der Serie steht so ein genmanipuliertes Wesen namens Luna am Rande des Meeres der Stille und hält das Überleben der Menschheit aufbewahrt in den Genes ihres Körpers: gefährdet von der Profitgier des Konzerns, der die kostbare Ressource in seine Gewalt bringen möchte. Gar so dystopisch mutet uns die Serie nicht an.

Glossarverzeichnis: Einführung ins Glossar # Street Credibility # Microgreens # Plastification # Querdenken # Anspruchsdenken # Betonmichi und SLAPP