
# Wiederbelesung: Schwarzer Aufdruck auf einem knallgelben Lesezeichen, das vom Antiquariat der Buchhandlung Schubert in St. Pölten bei einer Buchsendung mitgeliefert wurde. In das antiquarische Buch eingelegt, gibt es an, dass dieses Buch nach anderen LeserInnen mit grosser Wahrscheinlichkeit wieder gelesen wird. Das Wort erinnert an das Substantiv "Wiederbelebung", welche die Wiederleser metaphorisch dem abgelegten, ungenutzten Buch (und dessen Inhalten) angedeihen lassen.
Leider sind heute Bücher zu einer Massenware geworden, die nur in wenigen Fällen die Aufmerksamkeit des Publikums erreichen kann. Das gelingt nur Neuerscheinungen, deren AutorInnen einen entsprechend hohen Bekanntheitsgrad besitzen und/oder die von den Verlagen aus thematischen Gründen entsprechend vermarktet werden (well-selling).
Dem steht der radikale Wertverfall der Bücher gegenüber: einmal teuer gekauft, erlischt das allgemeine Interesse an ihnen. Sie lassen sich im Regelfall kaum weiterverkaufen, gerade so als trügen sie eine ansteckende Krankheit an sich. Auch verschenkt wollen sie nicht werden: wer hat schon denselben Geschmack wie Sie? Der Wert der Bücher nähert sich also rapide dem Papierpreis, was disproportional zum Aufwand ihrer Produktion steht. Eine Schande also! Dann aber stellt sich das Proplem: Was anfangen mit Büchern, die man gerne loswerden, aber nicht wegwerfen will? Das ist eine typische Frage einer Wegwerfgesellschaft: alles wird rapide wertlos, auch wenn es Wert besitzt.
Wohl auch aus diesem Grund sind die in den vergangenen Jahren allerorts errichteten öffentlichen Bücherschränke, -boxen und -zellen überfüllt. Bibliophile tragen ihre Bücher mit Begeisterung dorthin: entnommen werden aber entsprechend wenige (siehe Ansteckungsverdacht). Geschenktes hat ebenfalls keinen Wert. Und Bookcrossing ist auch keine effektive Lösung.
Aber nehmen wir an, Sie haben ein Buch in einer Bibliothek ausgeborgt, aus einem öffentlichen Bücherschrank entnommen oder gar in einem Antiquariat erworben. Wie würden Sie den Vorgang bezeichnen, das Buch nach einem oder mehreren Vorgänger LeserInnen nochmals zu lesen? Richtig geraten: dafür benötigen wir unbedingt eine Wort – Neuschöpfung und die in diesem Glossar vorgestellte finde ich ausserordentlich erfrischend und gelungen. Möge sie sich durchsetzen.
Glossarverzeichnis: Einführung ins Glossar # Street Credibility # Microgreens # Plastification # Querdenken # Anspruchsdenken # Betonmichi und SLAPP # Wellenbrecher # Alles gut # Denkpest # Wiederbelesung
Wiederbelesen, das klingt vortrefflich.
Einen Wein kann man kein zweites Mal trinken, ein Buch des öfteren . Und jeder liest das Buch anders! Auch das kein unangenehmer Gedanke.
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Ja, richtig.
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Ich habe schon viele Bücher mit Gewinn wiederbelesen. Wenn genug Zeit dazwischen liegt, liest man ein Buch wie neu, zumal man sich verändert, an Wissen und Erfahrung dazugewonnen hat und jetzt anders urteilt. „panta rhei – alles fließt. Niemand kann zweimal in denselben Fluss steigen.“ (Heraklit)
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Ich wünschte, das wäre bei mir öfter der Fall, ich wäre geduldiger mit mir. Dazu muss man viel Vertrauen aufbringen zum Buch und zu seinem Wert. Auf dass das Bad im scheinbar bekannten Neuen gelingen möge!
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