
# non-bathing, auch non-cleansing oder cleansing reduction genannt, bezeichnet einen aus den USA stammenden Trend, auf das Duschen mit Seife über mehrere Tage oder zur Gänze zu verzichten. Der Trend wurde vor allem von SchauspielerInnen promotet: als Gründe für den Verzicht aufs tägliche Duschen wird die Rücksicht auf die Umwelt oder die Aufrechterhaltung eines intakten Mikrobioms des menschlichen Körpers genannt. Der Trend führt zu einem Wachstum jenes Teils der Kosmetikindustrie, die sich auf die Produktion und den Vertrieb seifenfreier bzw. mikrobiotisch und probiotisch freundlicher Produkte spezialisiert haben. Allerdings fehlen wissenschaftliche Erkenntnisse, die auf gesundheitliche Nachteile der Verwendung von Seife oder des übermässigen Waschens ("overwashing") hinweisen.
Lifestyle: regelmässige LeserInnen des Mostindien Blogs werden inzwischen schon wissen, was ich davon halte: warum soll mich bitte, die neurotische Verfasstheit von Menschen interessieren, die sie wie schlechten Geruch aus dem Blogfenster heraushängen lassen? Livestyle tendiert nicht nur zur Redundanz, sondern in manchen Fällen auch zur Geschmacklosigkeit.
Wieder einmal bin ich auf einen Trend gestossen, der das eigene schüttere Super-Ego schamlos in der Pfütze von Narziss spiegeln darf. Er beschert uns im konkreten Fall Menschen, die sich öffentlich über ihre Körperhygiene äussern und damit über Dinge, welche man eigentlich nicht so genau wissen will. Wie oft duscht die Hollywood-Schauspielerelite wöchentlich und welche Körperstellen beseifen sie und welche nicht? Wer denn, bitte, ist an den Achselhöhlen von Julia Roberts interessiert? Und wer sitzt gerne mit Menschen zusammen, die sich über die privaten Folgen ihres trendigen non-bathing unterhalten? Gibt es denn noch so etwas wie öffentliche Zurückhaltung und darf man denn die Mitmenschen mit allem belästigen, was einen klammheimlich beschäftigt? Bei derartigen Themen merke ich so richtig, wie banal und dumm mir die Welt immer öfter erscheint: die über solche Dinge berichtenden Medien im Besonderen. Soll sich jeder doch pflegen wie er will: nur bitte nicht darüber reden und zu guter Letzt: auf alle Fälle nicht streng riechen in der U-Bahn. Ansonsten ist mir die Mikrobiotik des Nachbarn echt egal.
Glossarverzeichnis: Einführung ins Glossar # Street Credibility # Microgreens # Plastification # Querdenken # Anspruchsdenken # Betonmichi und SLAPP # Wellenbrecher # Alles gut # Denkpest # Wiederbelesung # Hopepunk # Comfort-Literatur # Philosophische Praxis # non-bathing
Danke, ich habe mich dieser Tage allein schon über diesen peinlichen Anglizismus aufgeregt. „Non-bathing!“ Genauso bescheuert, wie dass man Haferschleim neuerdings komplett überteuert verkaufen kann, solange man ihn nur „porridge“ nennt. Im Kontext mit der Badeverweigerung spielt aber natürlich auch noch der von dir völlig korrekt benannte Elkel- und „Too much information“-Faktor eine Rolle.
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So was wie öffentliche Zurückhaltung in Bezug auf Privates scheint heute weniger gefragt zu sein. Peinlich wird’s dann, wenn die gleichen Leute sich über mangelnden Datenschutz und zunehmende Überwachung beklagen.
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Eine junge BR-Reporterin war im Fernsehen zu sehen, wie sie den Selbstversuch machte, sich vorher dermatologisch untersuch ließ und von der Hautärztin die Bestätigung bekam, dass der Verzicht auf tägliches Duschen sich positiv auf das Hautbild auswirken könne. Ich habe mir gedacht, dass die Sache so neu nicht ist, denn in meiner Kindheit war es üblich, dass die Leute nur samstags badeten. Die eigene Körperhygiene öffentlich zu bequatschten, das passt pfeilgrad zum Verlust des Privaten, was mit dem öffentlichen Telefonieren begann. Alles ist mir gleich widerlich, da muss ich glatt mal Duschen 😉
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