
# Warfluencer, auch Kriegsfluencer genannt: Ein seit dem Krieg in der Ukraine in den Sozialen Medien entstandener Neologismus. Als Warfluencer werden jene Personen bezeichnet, die besonders häufig auf den Social Media Kanälen Twitter, Instagram, Telegram oder Tiktok über den Krieg berichten. Diese direkten Berichte von der Front sind Ausdruck einer neuen Form des Krieges, welcher neben den konventionellen Kriegsmethoden auch jenen des Internets nutzen. Sie sind auch besonders extreme Formen eines weit verbreiteten des Social-Media-Aktivismus. Von der Berichterstattung wird dies einerseits positiv beurteilt (Sascha Lobo). Warfluencer brächte die emotionalisierte Kunde über den Krieg zu einem Social-Media-Publikum, dem sie "wenigstens eine entfernte Ahnung vom Gefühl des Krieges zu vermitteln". Doch es gibt auch scharfe Kritiker dieses Phänomens: sie sprechen in diesem Zusammenhang von einer "Marvellisierung" des Krieges. Ralf Heimann etwa fragt kritisch, ob der Krieg denn nicht schon das neue Kino sei.
Ich muss zugeben, ich habe mit Influencern Mühe. Entgrenzte Kids und nie erwachsen Gewordene rittern manisch um Aufmerksamkeit im Netz. Ihre Fetische werden zum Masstab der Welterfahrung. Sie reiben sich verzweifelt für Zugriffszahlen und „Clicks“ auf. Ihr Publikum ist nicht erwachsener: die eifrigen „Clicker“ agieren auf demselben fragwürdigen Niveau wie ihre Influencer. Beide wissen nicht, wohin mit sich selbst und ihrem öffentlichen Leben. Besitz, Kleidung, Aussehen, Gaming , Pranks oder neuerdings der Krieg verkommen zu gefühlsgetränkten Fetischen. Es ist im Grunde ein entwürdigendes wie auch hoch neurotisches Schauspiel, das hier Täter wie Opfer vereint. Emotionalisierung durch Bilderfluten- das ist die Devise.
Viele haben sich offenbar nicht nur an die Influencer gewöhnt, sondern auch an das täglich betriebene doomscrolling. Überall tobt die Schlacht um Neuigkeiten, gleich um welchen Preis. Im Netz den Katastrophen hinterherzujagen, ist eine Art gesellschaftlich akzeptierter Masochismus, der sich langsamer zu einer Spielart der Online-Sucht entwickelt. Einige bis Viele müssen immer als Erste auf der Höhe der Zeit sein, bei Pandemie, Krieg, Klima, Korruption und Weltuntergang. Selbstmitleid und Weltschmerz sind die Folge: ein pathologischer Zustand der Gesellschaft. Nicht dass es keine Katastrophen gäbe, aber sie Non Stop mit Gier zu konsumieren gleicht einem Grossangriff auf die mentale Gesundheit. Warfluencer funktionieren genau in dieser Nische des „Clicktivisms“. Das macht sie mehr als entbehrlich, das macht sie zum Skandal.
Ich für meinen Teil will keine Videoclips von explodierenden Häusern, gefallenen und begrabenen Menschen oder in die Luft fliegenden Militärkonvois plus den dazu passenden oder unpassenden Kommentaren sehen. Mich muss man nicht emotionalisieren, denn ich habe bereits eine Meinung zu Gewalt, die sich durch Krieg in Pose setzt. Mir reicht es, über den Krieg in Qualitätsmedien zu lesen, das ist mir Authentizität genug. Vernunft statt Emotion ist mehr denn je gefragt, besonders in Kriegszeiten. Wir brauchen kein Grauen, sondern Aufklärung. Aber ja, es stimmt: Bilder sind das Alphabet der selbstgemachten Illiteraten. Da kommen uns die Warfluencer gerade recht, seien sie nun Trolle, Wichtigtuer oder „embedded“ Möchtegern-Berichterstatter.
Glossarverzeichnis: Einführung ins Glossar # Street Credibility # Microgreens # Plastification # Querdenken # Anspruchsdenken # Betonmichi und SLAPP # Wellenbrecher # Alles gut # Denkpest # Wiederbelesung # Hopepunk # Comfort-Literatur # Philosophische Praxis # non-bathing # Sneakerjagd # Putins Denazifizierung # Weltschmerz # Zeitenwende # Warfluencer
Solche Influenzaaa mag ich auch nicht. Kopfschüttelnd sitze ich in S-Bahn und anderswo, wenn dieses, vorstehend in benutzter Lautschrift geschriebene, Wort als Antwort auf einen Berufswunsch genannt wird. Moderne Zeit oder Mode?
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Nun ja, ich würde sagen: eine Modeerscheinung in modernen Zeiten 🙂
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